CDSERIE
INSTRUMENTENAKUSTIK
nette in dieser Lage etwas stumpf und
heiser klingen kann. In der oberen Lage
hingegen dominiert der Grundton, wel-
cher voll und rund ist. Zusätzlichen
Glanz erhalten die Klänge durch beson-
dere Intensität der Teiltöne zwischen 3000
und 4000 Hz, was wieder der Charakte-
ristik des hellen Vokals „i“ entspricht. Im
Gegensatz zur Flöte ist der Rauschanteil
in dieser Lage sehr gering, es tönt fast glo-
ckenartig klar und kraftvoll. Diese Klang-
eigenschaften führten um 1700 zum Na-
men „Clarinette", „kleines Clarino“, also:
„kleine Trompete“.
„Kleine Trompete"
Vorformen der Klarinette gab es schon
im alten Ägypten: flötenartige Instru-
mente, bei denen ein einzelnes Schilf-
blatt durch den Bläser in Schwingung
versetzt und damit die Luftsäule im In-
strument angeregt wurde. Beim „Cha-
WICHTIGE KLARINETTISTEN
Karl Leister:
Meister des runden „deutschen"
Klanges
Sabine Meyer:
Die „Grande Dame" der Klarinette
Martin Frost:
Starklarinettist aus Skandinavien
Jörg Widmann:
Als Komponist und Klarinettist der
Allrounder der Szene
Sharon Kam:
Musikalisches Energiebündel
aus Israel
Benny Goodman:
Der „King of Swing“
Woody Herman:
Der große Virtuose der Jazz-Klarinette
Eric Dolphy:
Wegbereiter der Jazz-Avantgarde
Michel Portal:
Verlieh dem Spiel auf der Bassklarinette
entscheidende Impulse
Giora Feidman:
Virtuose der Klezmer-Musik
David Orlowsky:
Aufstrebender Grenzgänger zwischen
Klezmer, Jazz und Klassik
HERAUSRAGENDE AUFNAHMEN
Sabine Meyer,
Berliner Philharmoniker; Werke von Mozart, Debussy und Takemitsu
(EMI): Großartige Aufnahme, weich und rund im Klang, dabei dennoch mit angenehmer
Brillianz.
Sharon Kam,
Martin Heimchen; Klarinettensonaten von
Brahms (Berlin Classics): Der Klarinettenklang wird hier nicht
durch zusätzliches Volumen geschönt, ist äußerst klar, man-
chem möglichereise zu tocken Allerdings bleibt nur so das
Klavier als gleichberechtigter Partner hörbar.
Benny Goodman,
The Carnegie Hall Concert (Sony):
Aufnahmetechnisch darf man von dieser Aufnahme aus dem
Jahre 1938 nicht zu viel verlangen, denn es knirscht und
knarzt, den Solisten geht im Vergleich zur Big Band die klangliche Präsenz ab. Und den-
noch ist die erregte Spannung des Abends auch auf diesem Tondokument spürbar.
Giora Feidman,
Klezmer & Strings (Pianissimo): Ein Klarinet-
tenklang, der in seiner Schlankheit zuweilen an eine Violine
erinnert Eher trocken aufgenommen, um all die Geräusch-
und Klangereignisse hörbar zu machen, die Feidmans phäno-
menales Klezmer-Spiel ausmachen.
David Orlowsky,
Singer Pur; Jeremiah (Sony): Eine Aufnahme,
die eine gelungene Balance hält zwischen voluminösem
Nachhall und akustischer Klarheit. Die alten sakralen Gesänge
und Orlowskys brillante Improvisationen finden so auch im
Klangbild bestens zueinander.
Karl Leister;
Johannes Brahms, Kammermusik für Klarinette (Brilliant Classic): Wohl
der weicheste Klarinettenklang, der auf Tonträgern dokumentiert wurde - sehr oberton-
arm und dennoch klar umrissen.
Ralph Manno,
Ensemble Incanto; 0. Messiaen „Quatuor pour
la Fin du Temps" (Arte Nova): Eines der tiefsinnigsten Werke
für Klarinette, brillant aufgenommen, relativ stark im Nachhall,
aber sehr präsent in der Abnahme der einzelnen Instrumente.
Martin Frost;
Carl Maria von Weber, Klarinettenkonzerte
(BIS): Wie alle Aufnahmen mit Martin Frost extrem voluminös
im Klang mit einem Ton, der den Hörer umgibt wie ein wei-
ches Kissen - und dennoch bleibt jede Nuance hörbar, etwa
Frösts sparsam verwendetes Vibrato.
♦
O
♦
**•
.
1
)l
1
fl
dann« concerto»
\
qu
int«
HHOI
*
«mrorntTT
nÿ,
:»
«tA.jjrOI
‘ -.1
N
lumeau“, einer schalmeienartigen Vor-
form, konnte der Spieler das Rohrblatt
erstmals vom Mundstück abnehmen
und vor dem Spielen wieder darauf fest-
binden.
Das Überblasen - also der
Wechsel zum nächsthöheren Oberton
bei gleichem Griff der Finger - war auf
diesem Instrument jedoch noch nicht
möglich. Dem Chalumeau-Spieler stand
nur das hohl klingende tiefe Register zur
Verfügung.
Das änderte sich um 1700, als Johann
Christoph Denner, Spross einer Nürn-
berger
Instrumentenmacher-Familie,
das Chalumeau erstmals mit einer Über-
blasklappe versah und damit endlich
auch höhere Register spielbar wurden.
Besonderheit beim Überblasen der Kla-
rinette ist, dass sie aufgrund ihrer zylin-
drischen Bohrung die akustischen Ei-
genschaften einer „gedackten Pfeife“
aufweist - einer Pfeife, die nur an einem
Ende offen ist. Während die konisch ge-
bohrte Oboe und das konisch geformte
Saxophon in die Oktave überblasen, er-
folgt bei der Klarinette das Überblasen
in die Quinte.
Die Begeisterung über diese neuen
Möglichkeiten war so groß, dass sich die
„Clarinettisten“, wie sie nun hießen, zu-
nächst vor allem in dieser neuen, trom-
petenartig klingenden Tonregion beweg-
ten. Bis zum Ende des Barock wurde die
Klarinette fast ausschließlich in dieser ho-
hen Lage als Ersatz für die Barocktrom-
pete benutzt, so etwa in Kantaten von
38 STEREO 3/2012